Körperlich

Medienmitteilung

Hauser & Wirth Basel ​
30. August – 2. November 2024

 

‘Reinheit und Gefährdung sind miteinander verwoben, denn Gefährdung entsteht, wo Grenzen missachtet werden.’—Mary Douglas

Während der Kunsttage Basel eröffnet Hauser & Wirth seine zweite Ausstellung am neuen Standort Basel. Unter dem Titel “Körperlich” werden im Rahmen dieser Gruppenausstellung Arbeiten von Kunst schaffenden Frauen gezeigt, unter anderem von Louise Bourgeois, Maria Lassnig, Meret Oppenheim, Alina Szapocznikow, Irène Zurkinden, Lee Lozano, Hannah Villiger und Carol Rama. Jede der beteiligten Künstlerinnen befasst sich mit dem Körper, mit seiner Rolle hinsichtlich Konstruktion und Ausdruck von Identität. Das Augenmerk liegt zwar auf der Physiognomie des Körpers und seiner Organe, doch haben die in den gezeigten Werken dargestellten Gefühle ihren Ursprung tief im Inneren: Im körperlichen Ausdruck offenbaren sich Liebe, Begehren, Angst, Ärger und instinkthafte, «hysterische» Emotionen. Unter den ausgestellten Werken finden sich neben Porträts, Akten und Darstellungen von Körperteilen auch halb-abstrakte Bilder, die körperliche Formen suggerieren. Die Künstlerinnen stellen in ihren Arbeiten die Frage nach der Integrität und der Kontrolle von Körpern und wollen letztlich erforschen, wer Macht und Autonomie in Bezug auf den als weiblich gelesenen Körper hat.

In einigen der Werke werden in verwischten und fragmentierten Formen schwierige Lebensgeschichten, persönliche und politische Konflikte oder Gewalt angesprochen. Während Carol Ramas Werk «La guerra e astratta» (1970) oder Alina Szapocznikows Skulptur eines entkörperlichten Mundes auf das im Angesicht von Unterdrückung enteignete physische Ich verweisen, spielt Hannah Villigers Fotografie «Skulptural» (1986) – ein schlichtes Polaroid, das ein Ohr zeigt – vielleicht auf die Wahrnehmung an, die der sterbende Körper als Letztes verliert und somit auf das ultimative Erlöschen unserer körperlichen Existenz.

Manchmal feiern die Künstlerinnen dieser Ausstellung auch den Körper und spielen mit den traditionellen Konzepten der Darstellung von Schönheit und Geschlecht in der Kunst. Sie tun dies allerdings nie, ohne diese Darstellungen zu problematisieren und die vielschichtige Komplexität ihrer Tradition zu erforschen – wie im Bild «Nue» (1934) von Irène Zurkinden, die in ihren ausdrucksstarken Zeichnungen auch verschiedene Körperbewegungen erforscht. Die hier vorgestellten Künstlerinnen stellen die Tradition des Aktes in Frage, indem sie den Körper häufig als gebrochen, in Auflösung begriffen und labil zeigen, wie in den Aquarellen von Lassnig und den Gemälden von Lozano.

Auch männliche Körper und Formen werden thematisiert, beispielsweise in drei Zeichnungen von Meret Oppenheim, die junge Männer mit feinen Gesichtszügen zeigen, oder im Gemälde «Männlicher Kopf in der Diagonale» (1977), dessen weiche Pastelltöne bereits androgyne Darstellungen und die Frage der traditionellen Geschlechtergrenzen vorwegnehmen.

Man könnte sagen, dass sich die vorgestellten Künstlerinnen mit dem Erbe eines Freudschen Verständnisses des Unbewussten befassen, das seinen Ausdruck in einem begehrenden Körper findet. Ihre Arbeiten nehmen jedoch auch die feministische Kritik an diesem Konzept vorweg – so etwa mit Julia Kristevas Theorie der Abjektion, die auf die materielle Realität des (weiblichen) Körpers verweist. Körperbezogene Aspekte des Organizismus und der Erniedrigung werden in der hängenden Skulptur von Louise Bourgeois erforscht und in Carol Ramas die Körperlichkeit betonendem Mixed-Media-Kunstwerk aus dem Jahr 1969. Meret Oppenheim thematisiert in ihren Arbeiten Aspekte der Natur, indem sie Blumen oder Tierkörper in einem Zustand seltsamer oder surrealer Metamorphosen darstellt, wie zum Beispiel zu sehen im Werk «Tisch mit Vogelfüssen» (1939 (ausgeführt1983)).

Gemeinsam ist den Künstlerinnen dieser Ausstellung, dass sie die Komplexität des körperbasierten Selbstbildes erkunden und zum Ausdruck bringen.

 

Über Hauser & Wirth Basel

Die neue Galerie von Hauser & Wirth im Luftgässlein 4 liegt inmitten des historischen Kulturquartiers der Stadt. Ihr Ausstellungsraum ist im Erdgeschoss einer ehemaligen Seidenbandfabrik aus den 1880er-Jahren untergebracht. Geführt wird die Galerie von Carlo Knöll, der im September 2023 als Senior Director bei Hauser & Wirth eintrat. «Vilhelm Hammershøi. Silence» war die erste einer Reihe epochaler Ausstellungen, die Carlo Knöll für Hauser & Wirth Basel entwickelt hat.Seit ihren Anfängen hat die Galerie Hauser & Wirth Ausstellungen von historischer Bedeutung gezeigt. Die erste Ausstellung der Galerie fand 1992 in einer Wohnung im ersten Stock einer Art-Déco-Villa im Herzen von Zürich statt; sie kombinierte Mobiles und Gouachen von Alexander Calder mit Skulpturen und Gemälden von Joan Miró. Seither hat Hauser & Wirth ein ehrgeiziges und wissenschaftlich anspruchsvolles Programm historischer Ausstellungen entwickelt, das einer Reihe bedeutender Künstler:innennachlässe des 20. Jahrhunderts eine angemessene Heimstatt bietet und einen kontinuierlichen und engagierten Diskurs über ihre Werke anregt.


Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Maddy Martin, Hauser & Wirth
maddymartin@hauserwirth.com, +44 7585 979564 (Europa)

David Kilian Beck, Hauser & Wirth
davidkilian@hauserwirth.com, +44 7741 855 242 (Schweiz)

Hauser & Wirth Basel
Luftgässlein 4, 4051 Basel

Öffnungszeiten während der Kunsttage Basel
30. August bis 1. September 2024
9 – 19 Uhr

Öffnungszeiten:
Di – Fr, 14 – 18 Uhr
Sa 11 – 16 Uhr


Caption and courtesy:

Lee Lozano, No title (Ohne Titel), 1962–1963, Öl auf Leinwand, 91.3 x 96.7 cm / 36 x 38 1/8 in © Der Nachlass von Lee Lozano. Mit freundlicher Genehmigung von Hauser & Wirth, Foto: Jon Etter

Alina Szapocznikow, Sans titre (Ohne Titel), 1964–1965, Gips, 13 x 7.7 x 3.5 cm / 5 1 /8 x 68 3 x 1 3/8 in © 2024, ProLitteris, Zürich. Mit freundlicher Genehmigung von Alina Szapocznikow / Galerie Loevenbruck, Paris / Hauser & Wirth, Foto: Fabrice Gousset

Carol Rama, Perdonami le congiunzioni (Organismi ancora ben definiti e vulnerabili), Vergib mir die Verbindungen (noch klar definierte und verwundbare Organismen), 1969, Sprühfarbe, Klebstoff und künstliche Tieraugen auf Leinwand, 100 x 100 cm / 39 3/8 x 39 3/8 in © Archivio Carol Rama, Turin

Maria Lassnig, Ohne Titel, 1987, Aquarellfarben auf Papier, 76 x 56.2 cm / 29 7/8 x 22 1/8 in © Maria Lassnig Stiftung Mit freundlicher Genehmigung der Stiftung und von Hauser & Wirth, Foto: Roland Krauss

24-HWBA-Körperlich-Medienmitteilung_DE.pdf

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www.hauserwirth.com