Richard Paul Lohse
Pressemitteilung

Hauser & Wirth Basel
26. Februar bis 26. April 2025
Im Februar eröffnet Hauser & Wirth Basel eine Ausstellung des renommierten Schweizer Künstlers und Grafikers Richard Paul Lohse (1902–1988) mit Gemälden und Arbeiten auf Papier aus den 1950er bis 1980er Jahren. Neben Max Bill, Verena Loewensberg und Camille Graeser war Lohse ein führender Vertreter der Zürcher Konkreten und ein radikaler Denker, der den Glauben an die Ausdruckskraft der Farbe mit dem demokratischen Potenzial der Kunst zu Beginn und Mitte des 20. Jahrhunderts verband. Sein Werk hatte auch einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Grafikdesigns.
Seit den 1940er Jahren entwickelte Lohse modulare und serielle Gemälde, in denen er systematische Strukturen nutzte, um bildnerische Mittel zu standardisieren. Die Ausstellung präsentiert Werke aus seinen bedeutendsten Serien mit farbigen Quadratrastern, von denen Varianten 1982 auf der Documenta in Kassel gezeigt wurden. Sie bietet den Besucher:innen eine seltene Gelegenheit, Lohses wegweisenden künstlerischen Ansatz aus nächster Nähe zu entdecken. Die Ausstellung verfolgt seine Entwicklung von den frühen Modulationsstudien bis hin zu den grossformatigen seriellen Kompositionen, die seine führende Rolle in der abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts festigten. Dabei wird deutlich, wie feinste Veränderungen in Form und Farbe die visuelle Wahrnehmung beeinflussen können. Diese Präsentation findet im Vorfeld einer grossen europäischen Retrospektive statt, die im September 2025 im MASI Lugano startet.
Nur wenige Künstler veränderten die Sprache der Abstraktion so tiefgreifend wie Richard Paul Lohse. Seine Ausbildung als Grafiker und Typograf prägte seine strukturierte Herangehensweise an die Malerei. Inspiriert von De Stijl und Mondrian, unterschied er sich vor allem in seiner Methodik – während Mondrian intuitiv arbeitete, folgte Lohse strengen Systemen. Subjektiven Ausdruck lehnte er ab und strebte stattdessen eine universelle Bildsprache an, die auf mathematischer Genauigkeit und systematischer Ordnung basierte. Seine seriellen Kompositionen und modularen Strukturen sollten Hierarchien auflösen und spiegeln zugleich seinen Glauben an sozialen Fortschritt und demokratische Ideale wider.
Lohse war nicht nur Maler, sondern auch Denker, Grafiker und Aktivist, der die visuelle Kultur des Nachkriegseuropas entscheidend beeinflusste. Er verstand visuelle Kommunikation als ein Instrument des sozialen Wandels, war in den 1930er-Jahren politisch aktiv und schloss sich während des Zweiten Weltkriegs dem Widerstand an. 1937 gründete er zusammen mit Leo Leuppi die «Allianz, Vereinigung moderner Schweizer Künstler», welche die Schweizer Konkrete Kunst massgeblich definierte. Er stand in Kontakt mit führenden Künstlern und Denkern der Moderne wie Jean Arp, Georges Vantongerloo, Le Corbusier, Antoine Pevsner und Friedrich Vordemberge-Gildewart, deren Ideen seine Auffassung von Abstraktion beeinflussten. Als Herausgeber der Zeitschrift «werk, bauen + wohnen» (1947–1956) und Mitbegründer von «Neue Grafik» (1958–1965) prägte er den Dialog zwischen Kunst, Grafikdesign und Technologie in der Nachkriegszeit und überbrückte die Kluft zwischen industrieller Präzision und avantgardistischer Ästhetik.
Zu den Höhepunkten der Basler Ausstellung zählt «Vier Kreuzgruppen verbunden» (1956–1957), eine quadratische Komposition aus vier ineinandergreifenden Rasterstrukturen, die Lohses frühe Beschäftigung mit Farbrhythmen und modularen Konfigurationen veranschaulicht. In seinen methodischen und dennoch einnehmenden Werken tauchen Betrachter:innen in Rhythmus, Farbe und Struktur ein, wie in «9 vertikale systematische farbmengengleiche Reihen» (1950–1980), einem präzise angelegten Ölgemälde auf Leinwand, das sein Prinzip der gleichmässigen Farbverteilung demonstriert – jede Farbnuance erscheint in gleicher Häufigkeit und Gewichtung im Raster.
«30 vertikale systematische Farbreihen mit roten Diagonalen» (1943–1970) zeigt mit seinen akkurat angeordneten vertikalen Sequenzen, die von roten Diagonalen durchzogen sind, Lohses meisterhaftes Verständnis von Serialität und dynamischen Strukturen. Die Ausstellung lädt die Besucher:innen ein, Variationen wie «30 vertikale systematische Farbreihen mit zwei Bändern» zu erkunden, die verdeutlichen, wie kleine Änderungen in modularen Anordnungen völlig unterschiedliche visuelle Effekte erzeugen. In grossformatigen seriellen Arbeiten wie «15 systematische Farbreihen mit heller Betonung B» (1987), die jenen auf der Documenta 7 in Kassel (1982) ähneln, nimmt Lohse die Logik früher Computertechnologie vorweg und reflektiert die unendliche Skalierbarkeit und Wiederholbarkeit digitaler Ästhetik.
In späteren Werken wie «Diagonalstufung Gelbrot – Blaurot» (1980–1986) und «Diagonalstufung Gelbrot – Blaugrün» entwickelte Lohse den Einsatz von Farbverläufen weiter und ermöglichte so den direkten Vergleich von Farbabstufungen innerhalb eines streng geometrischen Rahmens. Auch auf Papier experimentierte er mit Farbreihen in Graphit und Buntstift, wie in «Komplementäre Gruppen durch sechs horizontale gleiche Farbreihen» (1950). Diese Studien wurden später zu vollendeten Zeichnungen, wie der gleichnamigen Version von 1961, weiterentwickelt oder mit kräftigen Ölfarben auf Leinwand übertragen.
Als Schlüsselfigur der Schweizer Konkreten Kunst erlangte Lohse internationale Anerkennung durch die Ausstellungen von Willem Sandberg im Stedelijk Museum Amsterdam (1961) und durch die Schweizer Vertretung an der Biennale von Venedig (1972). Er beteiligte sich an bedeutenden Ausstellungen wie «Allianz» im Kunsthaus Zürich (1942), «Konkrete Kunst» in der Kunsthalle Basel (1944), «arte astratta e concreta» im Palazzo Ex Reale in Mailand (1947), an der 8. Biennale von São Paulo (1965) und an der Documenta in Kassel (1968, 1982). Mit der Verleihung des Kunstpreises der Stadt Zürich (1973) wurde seine Bedeutung weiter gefestigt und sein Einfluss auf die Konkrete und Systematische Kunst nachhaltig verstärkt.
Anlässlich der Ausstellung zeigt der Hauser & Wirth Publishers in seiner Buchhandlung in Zürich eine kleine Auswahl von Lohses Arbeiten als Grafikdesigner.
25_RichardPaulLohse_HWBS_PressRelease_DE.pdf
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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Maddy Martin
Hauser & Wirth
maddymartin@hauserwirth.com
Kristin Brüggemann
Hauser & Wirth
kristinbrueggemann@hauserwirth.com
Hauser & Wirth Basel
Luftgässlein 4
4051 Basel
Öffnungszeiten:
Di – Fr, 11 – 18 Uhr
Sa, 11 – 17 Uhr
Bildnachweise und Copyright:
Alle Bilder:
© Richard Paul Lohse-Stiftung / 2025, ProLitteris, Zurich
Foto: Jon Etter
Richard Paul Lohse, 30 vertikale systematische Farbreihen mit roten Diagonalen, 1943 – 1970, Öl auf Leinwand, 165 x 165 cm
Richard Paul Lohse, Vier Kreuzgruppen verbunden, 1956 – 1957, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm
Richard Paul Lohse, 9 vertikale systematische farbmengengleiche Reihen, 1950 – 1980, Öl auf Leinwand, 48 x 48 cm
Richard Paul Lohse, 15 systematische Farbreihen mit heller Betonung B, 1987, Öl auf Leinwand, 150 x 150 cm
Richard Paul Lohse, Diagonalstufung Gelbrot – Blaurot, 1980 – 1986, Öl auf Leinwand, 72 x 72 cm
Richard Paul Lohse, Diagonalstufung Gelbrot – Blaugrün, 1980 – 1986, Öl auf Leinwand, 72 x 72 cm